Es gab einmal eine Zeit, da hießen sie alle so: Adria, Riviera, Rimini, Venezia oder eben Lido.
Es war die Zeit als das Eiscafe noch Eisdiele hieß, das Eis in silbernen hochstieligen Schälchen (mit nach Pappe schmeckender Waffel und kleinen dünnen Serviettchen mit Gondelaufdruck) auf winzigen ovalen Tabletts daherkam und in der man jede Sommerferien im durchgeschwitztem Nyltest-Hemd zu fünft im Käfer den Brenner gen Italien fuhr, um genau jene Orte zu besuchen, die den heimischen Eisverkaufsstellen den Namen gaben. Und so war denn auch zuhause der Besuch einer Eisdiele ein Stückchen Urlaub, ein Eintauchen in die Welt von Spiegeln, buntem und schwarzem Glas, Cocktailsesseln und Wandgemälden.
Aus genau dieser Zeit stammt das Lido – und man sieht es sofort. Nur einen kurzen Steinwurf vom magenta-Domizil entfernt, in der Seckenheimerstraße 26, befindet sich das Cafe, das schon optisch seine Tradition weiterführt, ohne in pseudomusealen Kitsch zu verfallen. Hier, wo schon immer das Lido war, gehen der Geschäftsführer Thorsten Kraft und der neue Besitzer Jürgen Tekath, der einige Häuser weiter ein exklusives Blumengeschäft betreibt, ihren eigenen Weg, indem sie die traditionelle Eisdiele zum Bistro erweiterten und nun eine gelungene Mischung von Beidem betreiben. Mit drei Tischen vor dem Geschäft, einem langgezogenen Innenraum und dem kleinen gemütlichen Innenhof mit Olivenbaum ist das Lido längst zum Magneten für ein Publikum geworden, das keinen absolut durchgestylten Chick braucht und den bewusst eingesetzten Stilmix von alt und neu der Einrichtung schätzt. Das ist sympathisch und einladend – ein wenig wie bei mir zuhause, wo auch alles „gewachsen“ ist und kein „hipper“ Innenarchitekt wütete. Schön auch, dass der Besucher auf ein breites Angebot an Zeitschriften und eine stattliche Anzahl von Reiseführern und anderen Büchern zugreifen kann.
Aber ganz ehrlich, das Ambiente ist eine Sache, das Angebot an Getränken und Speisen eine andere. Ein Blick in die Speisekarte überzeugt: hier geht es ausgesucht italienisch zu. Schon auf der ersten Seite unter der Rubrik „Frühstück“ (haben Sie eigentlich schon einmal einen Italiener frühstücken sehen?) lachen mich neben den deutschen Klassikern italienischer Rosmarinschinken, Mortadella, Parmigiano oder die ofenwarme Focaccia mit Rukola und getrockneten Tomaten an.
Und so geht es bei den Salaten weiter. Einfach aber köstlich, weil frisch: der Salat „Lido“, die wirklich besonders gut gemachte, mayonnaisefreie Variante des „Italienischen-Salat“-Klassikers mit Schinken, Käse und Ei (Bio-Freiland). Oder die Salatvariante mit warmem Ziegenkäse und Feigensenf , serviert von einer überaus freundliche Bedienung…. mmmhhh.
Die Antipasti-Platte hat alles, was sie braucht, um mich glücklich zu machen. Beim Geschmack der Fenchelsalami sitze ich in Gedanken in der kleinen Trattoria in einer engen Seitenstraße von Buonconvento. Jetzt noch ein Stück Peccorino…. Die Getränkeauswahl ist ebenfalls italienisch dominiert, und sie ist sehr umfangreich. Kaffee-Spezialitäten, unterschiedlichste Tees, diverse Softdrinks und Säfte – ja, sogar italienisches Bier gibt es. Allein die Weinauswahl ist gering und wenig italienisch. Aperitife, Liköre, Longdrinks und Cocktail – bei Öffnungszeiten von bis zu 23:00 Uhr kann man hier auch schon einmal den Abend ausklingen lassen.
Was wäre eine Eisdiele ohne Eis. Beim Lido wird es zwar nicht selbst hergestellt, aber (genau wie bei den Zutaten der anderen Speisen) wird nur das Beste eingekauft. Es stammt vom „Fontanella“ auf den Planken – eine sehr gute Wahl. Durch das kleine Fenster des Straßenverkaufs streckt mir eine Hand eine knusprige Waffeltüte mit einer großzügig bemessenen Eiskugel entgegen: „Haselnuss“, mein Favorit. Einfach ’mal selbst versuchen!
Café Lido
Seckenheimerstraße 26, Mannheim
Telefon 0621-43179997
Öffnungszeiten:
So. – Di. 9:00 h – 19:00 h
Mi. – Sa. 9:00 h – 23:00 h